Dies ist ein Beitrag zur Interviewreihe für leise Unternehmerinnen. Mit jedem Beitrag stelle ich dir eine leise Unternehmerin vor. Ich möchte dir zeigen, dass es viele leise Unternehmerinnen gibt, die ganz wertvolles zu geben haben und ähnliche Erfahrungen wie du gemacht haben.
Wenn du auch bei der Interviewreihe mitmachen möchtest, dann findest du hier alle Infos: Buche jetzt dein eigenes Interview!
Zuerst liest du hier die wertvollen Antworten von Mim Gaisser – Bloggen für Introvertierte von stillundsensibel. Am Ende kannst du sie genauer kennenlernen. 🙂
Was erschaffst und bewirkst du mit deinem Business?
Darf ich ein wenig ausholen? Ja? Aaaalso …
2015 hatte ich eine schwere Krise. Ich war arbeitslos geworden, mein Selbstwertgefühl war am Boden und ich hatte panische Angst vor der Zukunft. Genau zu dieser Zeit hatte meine damalige beste Freundin einen Blog gegründet und weckte damit in mir die Neugier, das auch zu versuchen. Ich hatte bis dahin schon etliche Blogs gestartet, aber die waren immer nach ein paar Monaten wieder eingeschlafen. Diesmal sollte es anders werden, denn ich war ja nun den ganzen Tag zu Hause und hatte Zeit, mich damit auseinanderzusetzen.
Ich habe also einen Buchblog gegründet, unter Pseudonym und mit einer Comicfigur als Foto, weil ich so schüchtern war. Und das hat alles für mich verändert. Ich hatte plötzlich wieder eine Aufgabe im Leben und gleichzeitig einen Weg, mich der Welt mitzuteilen, ohne ihr dabei in die Augen schauen zu müssen.
Gleichzeitig forderte mich mein Blog immer wieder heraus. Ich durfte lernen, auf andere Menschen proaktiv zuzugehen, mich mehr und mehr zu zeigen und meine Meinung zu sagen. Immer wieder kam ich an einen Punkt, wo ich vor Angst zitterte, weil es etwas Neues war, das ich mich zunächst nicht traute. Und doch bin ich am Ende häufig diesen Schritt gegangen und daran gewachsen. Heute bin ich ein völlig anderer Mensch als noch 2015.
Deshalb habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, unglückliche und schüchterne Introvertierte dabei zu unterstützen, mit einem Blog mehr Selbstbewusstsein und Lebensfreude in ihr Leben zu ziehen.
Ein Blog ist nämlich nicht nur ein fantastisches Marketing-Instrument, sondern bietet auch viel Potenzial, persönlich zu wachsen und unsere Komfortzone zu erweitern. Denn Bloggen braucht Mut.
Was ist deine leise Superkraft und wie setzt du sie für dein Business/deine Kunden ein?
Meine leise Superkraft ist, Texte zu schreiben, die berühren und die Menschen fesseln. Es gibt für mich keine schönere Art, mich mitzuteilen und meine Botschaft in die Welt zu tragen. Deshalb bin ich wohl auch Blogger geworden.
Beim Schreiben kann ich meine Worte in Ruhe zurechtlegen und darüber nachdenken, wie ich mich ausdrücken will. Ich kann es auch wieder zurücknehmen und löschen, wenn es mir nicht gefällt. Bei gesprochenen Worten geht das nicht. Was ausgesprochen ist, ist ausgesprochen.
Leider ist da die Gesellschaft nicht sonderlich introvert-friendly. Häufig wird man dazu gezwungen, zu telefonieren, obwohl man eigentlich lieber eine E-Mail schreiben würde. Ich finde Telefonieren schrecklich. Klingelnde Telefone sind aufdringlich und reißen mich oft aus der Konzentration, wenn ich gerade mit etwas beschäftigt bin.
Eine E-Mail tut das nicht. Eine E-Mail sagt: “Öffne mich, wenn du einen Moment Zeit hast. Ich warte so lange hier auf dich.” Klingelnde Telefone hingegen möchten sofort abgehoben werden, egal, was ich gerade tue.
Ich liebe E-Mail sogar so sehr, dass ich eine E-Mail-Beratung für introvertierte Blogger*innen anbiete. Ich weiß, dass es gerade für schüchterne Introvertierte eine riesige Überwindung ist, zu telefonieren oder einen Video-Call zu machen. Und da ich gerade für diese Zielgruppe da sein will, kam mir die Idee mit der E-Mail-Beratung.
Das passt sowohl besser zu meinen Kund*innen, als auch zu mir selbst.
Was hindert dich daran, deine leisen Ideen der Welt zu zeigen?
Mein Impostor-Syndrom. Ja, das gebe ich auch offen zu. Es bremst mich häufig aus und führt dazu, dass ich zu Dingen nein sage, die ich eigentlich ganz gerne gemacht hätte. Deshalb habe ich mir für das Jahr 2022 auch das Motto “Gibt der Chance eine Chance” gegeben. Dieser Spruch hat mich oft “gerettet”, wenn mein Impostor-Syndrom mal wieder zugeschlagen hat.
Wenn du morgen mit ganz viel Mut und innerer Stärke aufwachen würdest, was würdest du dann gerne tun?
Ganz ehrlich? Ich würde mich gerne für eine Hilfsorganisation engagieren.
Seit ich mit 14 Jahren das Musikvideo zu John Lennons “Happy Xmas (War Is Over)” – eigentlich ein Anti-Kriegslied und nicht unbedingt ein Weihnachtslied – gesehen habe, in dem wirklich schlimme Bilder aus Kriegen gezeigt werden (du kannst es ja mal googeln, ist aber nichts für schwache Nerven) möchte ich da helfen, wo Menschen nicht so einen hohen Lebensstandard haben, wie wir hier in Deutschland. Ich habe schon damals begriffen, dass ich lediglich Glück hatte, hier geboren zu sein und nicht im Iran oder in Äthiopien.
Heute unterstütze ich eine Organisation, die sich für den Schutz und die Rechte von queeren Menschen weltweit einsetzt, und habe zudem seit zehn Jahren ein Patenkind aus einer armen Region in Indonesien.
Aber das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Wenn ich wirklich ganz viel Mut hätte, würde ich nicht nur spenden und zweimal im Jahr ne Petition unterschreiben, sondern richtig aktiv werden. Aber noch bin ich nicht so weit.
Welche Gemeinsamkeiten erkennst du zwischen dir und deinen Kunden?
Die bereits oben genannte Abneigung gegen Telefonate. 😉 Nein, im Ernst, meiner Erfahrung nach, schreiben die meisten Introvertierten lieber, als dass sie reden.
Und wir alle sind in dem Glauben aufgewachsen, “falsch” zu sein und lauter werden zu müssen. Wir bekommen ja schon als Kleinkinder eingeimpft, dass wir mehr mit anderen Kindern spielen sollen, anstatt uns zurückzuziehen oder dass wir nicht so schüchtern sein sollen.
Dabei bin ich überzeugt, dass das am Anfang keine Schüchternheit ist, sondern wir erst dadurch schüchtern werden, dass uns immer eine vermeintliche Schwäche eingeredet wird, die in Wirklichkeit einfach unser Temperament ist. Introversion und Schüchternheit sind ja zwei Paar Schuhe.
Ich höre in meiner Community so oft, dass Menschen erst als junge Erwachsene im Internet darauf gestoßen seien, dass sie introvertiert sind und nicht komisch oder schwach. Das ist erschreckend, wenn man bedenkt, dass diese Leute jahrelang geglaubt haben, etwas stimme mit ihnen nicht.
Was möchtest du anderen leisen Unternehmerinnen mitgeben?
Wenn du vor einer Herausforderung stehst, die dich völlig überwältigt, denke daran: Du musst nicht mit Anlauf ins kalte Wasser springen. Du kannst auch langsam ins Wasser gehen, dich erst mal vorsichtig nass machen und an die Temperatur gewöhnen.
Solange du am Ende im Wasser bist und losschwimmst, ist es doch egal, wie du ins Wasser hineingekommen bist.
Du darfst mit deinen Herausforderungen wachsen. In deinem Tempo. Deshalb geh deinen Weg so, wie es sich für dich richtig anfühlt.
Schreib gerne deine Gedanken zum Interview in die Kommentare! 🙂
Das ist Mim Gaisser – Bloggen für Introvertierte von stillundsensibel:
Ich heiße Mim Gaisser und bin kurz vor dem Mauerfall in einem schwäbischen Städtchen nahe Ulm geboren. Als Landei aufgewachsen, zog es mich mit 21 Jahren aus beruflichen Gründen in die Region Stuttgart. Ich wollte nämlich was mit Medien machen und da war die Auswahl an Ausbildungsplätzen auf dem Land ziemlich klein.
Heute unterstütze ich Introvertierte dabei, einen Blog zu gründen und ihre stille Stärke anzunehmen und zu zeigen. Mein Ansatz: mit einem Blog zu mehr Selbstbewusstsein und Lebensfreude. Denn Schreiben ist heilsam und ein Blog bietet viele Möglichkeiten, um sich weiterzuentwickeln.
Wenn ich nicht gerade tippend am Laptop sitze, bilde ich mich gerne weiter, egal ob durch Bücher, Podcasts, Onlinekurse oder YouTube-Videos. Ich bin süchtig danach, ständig etwas Neues zu lernen oder meine Fähigkeiten zu verbessern.
Hier findest du mehr Infos zu Mim und kannst dich mit ihr vernetzen:
Website: https://stillundsensibel.de
Instagram: https://www.instagram.com/stillundsensibel/
LinkedIn: https://www.linkedin.com/in/mim-gaisser/
Ein so schönes, offenes Interview! Ich hasse es ebenfalls, zu telefonieren. Seltsamerweise mag ich aber Videocalls.
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